Was versteht man unter Wildcampen eigentlich genau?
Als Wildcampen wird prinzipiell jede Form des Campierens in einem Zelt, einem Campervan oder Wohnmobils /-wagens zum Zweck der Übernachtung sowie dem Ausbreiten der Camping-Infrastruktur (Tische, Campingstühle, Markise etc.) bezeichnet, welche nicht auf einem explizit dafür gedachten Platz — wie etwa einem Campingplatz — stattfindet. Das Übernachten im Auto an nicht dafür ausgewiesenen Plätzen sowie das Zelten in freier Wildbahn zählen ebenfalls dazu.
Grundsätzlich zu unterscheiden ist das Wildcampen vom sogenannten Biwakieren und Lagern: Als Biwakieren bezeichnet man die Übernachtung ohne Zelt oder Fahrzeug unter freiem Himmel oder einem sogenannten Tarp, also einer Zeltplane ohne Zeltboden, für eine Nacht. Biwakieren wird in den meisten Fällen geduldet, solange man sich nicht auf Privatgrund oder in einem Naturschutzgebiet befindet.
Als Lagern bzw. Notlagern bezeichnet man den Vorgang des notgedrungenen Lagerns, um sich zum Beispiel nach einer längeren Fahrt auszuruhen und die Fahrtüchtigkeit wieder herzustellen. Beim Lagern ist darauf zu achten, dass man nicht länger als zehn Stunden an einem Ort steht und keinen Camperaktivitäten nachgeht — also zum Beispiel die Markise ausfährt oder Campingstühle und ‑Tische aufbaut. Campinganhänger dürfen beim Lagern außerdem nicht vom Zugfahrzeug abgekoppelt werden und müssen quasi stets abfahrbereit sein. Lagern ist in Deutschland generell auf allen öffentlichen Rastplätzen und Autobahnhöfen gestattet, es sei denn, diese haben explizite Verbotsschilder für Campingfahrzeuge. Basis hierfür ist §10 der Straßenverkehrsordnung.
Generell gilt: Verhalte dich rücksichtsvoll, hinterlasse keinen Müll, respektiere Fauna und Flora und unterlasse die Nutzung von offenem Feuer. Solltest du beim Wildcampen, Biwakieren oder Notlagern entdeckt werden, so verhalte dich freundlich und kooperativ. Damit entgehst du meist einer Anzeige und/oder empfindlichen Bußgeldern. Wenn möglich, erkundige dich vorab beim Besitzer der Fläche, ob du auf seinem Grundstück übernachten darfst. Landwirtschaftlich genutzte Flächen, Naturschutzgebiete, Reservate, Landschaftsschutzgebiete und Nationalparks sind generell tabu. Auch die deutschen Küstengebiete stehen unter Schutz, daher darf an deutschen Stränden und Dünen grundsätzlich nicht campiert werden.
5 Tipps für erfolgreiches Wildcampen
- Unauffällig bleiben: Wer in großen Gruppen auftritt und sein Lager wild aufbaut oder beim Wildcampen laute Musik aus dem Ghettoblaster ertönen lässt, ist natürlich kein gern gesehener Gast und lenkt dementsprechend natürlich auch mehr negative Aufmerksamkeit auf sich. Alleine, als Pärchen oder Kleinfamilie erweckt man weniger Aufmerksamkeit und stört andere Menschen unter Umständen weniger oder gar nicht.
- Verzicht auf offenes Feuer: Die Nutzung von offenem Feuer ist in freier Wildbahn strengstens untersagt und kann bei Entdeckung empfindliche Geldstrafen nach sich ziehen. Du solltest also tunlichst darauf verzichten, ein Lagerfeuer zu errichten oder deinen Grill aufzubauen. Vorsicht: Auch gasbetriebene Campingkocher werden als offenes Feuer definiert, darum lieber auch auf diesen verzichten. In Gegenden mit erhöhter Waldbrandgefahr wird gerne kontrolliert und die anfallenden Bußgelder sind dementsprechend empfindlich hoch.
- Schneller Auf- und Abbau und kurze Verweildauer: Wenn man länger an einem Ort campiert, läuft man erheblich mehr Gefahr, entdeckt zu werden und macht die Argumentation, man lagere nur notgedrungen für eine Nacht, zunichte. Die Übernachtung ohne Zelt wird für eine Nacht fast überall geduldet. Eine Ausnahme bilden dabei Ungarn, Tschechien, Kroatien, Griechenland und Portugal: Hier ist das Übernachten außerhalb der Campingplätze — auch für eine Nacht — grundsätzlich verboten.
- Den Ort so hinterlassen, wie man ihn vorgefunden hat: Müllberge, Essensreste und menschliche Hinterlassenschaften haben in der Natur selbstverständlich nichts zu suchen und haben nicht nur das Potential, die örtliche Fauna und Flora negativ zu beeinflussen, sondern auch was den Bußgeldkatalog angeht ein recht hohes Potential. Also: Alle Hinterlassenschaften wieder mitnehmen, damit der Ort hinterher genauso aussieht, wie man ihn vorgefunden hat. Wer obendrein etwas Gutes tun will, der macht es wie die Japaner und nimmt alles an Müll mit, was er findet, auch wenn man selber nicht der Verursacher ist. So bleibt der Ort sauber und man kann bei eventueller Entdeckung zumindest nachweisen, dass man sich vorbildlich verhalten hat.
- Ein wenig Empathie zeigen: Wenn man sich die einfache Frage stellt, ob man mit seiner Übernachtung bzw. dem Aufschlagen eines Nachtlagers an einem bestimmten Ort jemanden stören könnte und die Antwort darauf “Ja” lautet, sollte man besser weiterziehen und einen anderen Platz suchen. Denn in Sichtweite von Wohngebieten, vor touristischen Sehenswürdigkeiten oder privaten Geschäften kann man schnell mal als störendes Element wahrgenommen werden. Wer sich also ein wenig in örtliche Anwohner, Geschäftsinhaber oder Grundstücksbesitzer hineinversetzt, läuft nicht so schnell Gefahr, als Störenfried identifiziert zu werden und bekommt auch nicht so schnell Ärger mit den Ordnungshütern.
Wildcampen in Europa — Eine grobe Übersicht der unterschiedlichen Gesetzeslagen im europäischen Ausland
Grundsätzlich gelten in jeder Region andere regionale Vorschriften und Gesetze, an die es sich zu halten gilt und die den Umgang mit Wildcampern regeln. Auch wenn es in einem Land also grundsätzlich erlaubt sein sollte, frei stehend zu campieren, haben diese regionalen Vorschriften im Zweifelsfall Vorrang und sollten immer eingehalten werden.
Hier ist Wildcampen grundsätzlich erlaubt:
Schweden, Finnland, Norwegen: Hier gilt das sogenannte Jedermannsrecht, welches besagt, dass ein Stück Land zwar einer Person gehören kann, dieses allerdings Jedermann zur Verfügung stehen muss. Wer hier darauf achtet, sein Lager nicht in Sichtweite vom Privathaus des Grundstücksbesitzers aufzuschlagen, sollte auf der sicheren Seite sein. Da sich die Regeln hierbei auf eine Übernachtung beziehen, solltest du bei längerem Aufenthalt besser den Besitzer um Erlaubnis fragen. Auch hier gilt natürlich, dass man sich ordentlich benimmt und seinen Müll ordnungsgemäß entsorgt. Da das Jedermannsrecht in erster Linie für Wanderer gilt, musst du beim Wildcampen mit dem Campervan trotzdem einige Dinge beachten: Du darfst, solange du den Verkehr nicht behinderst, auf öffentlichen Parkplätzen, an Straßenrändern und Sackgassen mit deinem fahrbaren Untersatz übernachten. Ein Übernachten mit dem Campervan im Wald ist leider auch hier verboten.
Schottland: Als einziges Land im Vereinigten Königreich bietet Schottland Campern eine Oase zum Wildcampen: Mit dem Zelt darf hier bis zu drei Tage am Stück wild übernachtet werden. Mit dem Campervan darf, solange ein Mindestabstand von 14m zur Straße eingehalten wird, frei gecampt werden. Genauso wie in Skandinavien darf nicht in Sichtweite von Privathäusern übernachtet werden.
Lettland, Litauen und Estland: Hier darf überall außerhalb geschlossener Ortschaften übernachtet werden. Es sei denn, explizite Verbotsschilder weisen auf ein spezielles Campingverbot hin.
Österreich: Bis auf die Verbotszonen Tirol und Wien sowie einem generellen Campingverbot in Naturschutzgebieten kann — zumindest für eine Nacht — fast überall problemlos campiert werden.
Schweiz: Hier muss auf explizite Verbotsschilder geachtet werden. Außerdem verfügen einzelne Kantone über unterschiedliche Rechtslagen. Es empfiehlt sich, sich rechtzeitig vor Anbruch des Abends über die jeweils gültige Gesetzeslage zu informieren, damit man eine Übernachtungsmöglichkeit findet, bevor die Dunkelheit anbricht.
Hier ist Frei stehen für eine Nacht grundsätzlich erlaubt:
Belgien: Zum Zwecke der Herstellung der Fahrtüchtigkeit kann hier eine Nacht am Straßenrand übernachtet werden.
Spanien: Auch in Spanien ist eine Übernachtung im Fahrzeug zur Herstellung der Fahrtüchtigkeit erlaubt.
Italien: In Italien muss man sehr auf die regionalen Verbotsschilder und Gebote achten, grundsätzlich wird das frei stehen für eine Nacht aber toleriert.
Deutschland: Solange man keinen Campingaktivitäten (Markise aufbauen, Grillen, Aufbau von Campingstühlen/-tischen etc.) nachgeht und nicht länger als 10 Stunden an einem Ort verweilt, kann auch in Deutschland für eine Übernachtung wild gestanden werden.
Alternativen zum Wildcampen
Zeltplätze von Vereinen und Jugendorganisationen:
Oft besteht neben dem Besuch eines klassischen Campingplatzes die Möglichkeit, auf Zeltplätzen von Jugendorganisationen (z.B.: Pfadfinderlager, Zeltplatz vom Schützenverein etc.) oder Vereinen zu übernachten. Gerade während der Schulter- und Nebensaison werden diese nicht allzu oft frequentiert und haben darüber hinaus oftmals den Vorteil, dass sie über einige Infrastrukturelle Einrichtungen, wie etwa sanitären Anlagen, Duschen oder Grillplätze verfügen, die man mitbenutzen kann.
Private Bauernhöfe und Grundstücke:
Kennt man das Ziel oder zumindest die Zielregion seiner Reise, lohnt es sich, im Vorfelde ein wenig zu recherchieren, ob es in der Nähe geeignete Grundstücke zum Übernachten gibt, die Besitzer zu recherchieren und einfach mal freundlich anzufragen. Mit etwas Glück hast du so die Möglichkeit, in einem Apfelhain oder an einem Weinberg zu stehen — ganz alleine und ohne spießige Campingplatzregeln. Unter dem Link
http://www.bauernhofcamping.info findest du zum Beispiel einige nette Bauernhöfe. Auch das Onlineportal https://www.landsichten.de bietet eine Vielzahl geeigneter Übernachtungsmöglichkeiten an. Unter https://landvergnuegen.com/ findest du deutschlandweit über 600 verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten abseits des Campingplatzes. Das Netzwerk https://ecocamping.de/ listet auf seiner Website ebenfalls viele kleinere naturnahe Campingplätze in Deutschland. Solltest du außerhalb von Deutschland unterwegs sein, so helfen dir die Portale https://coolcamping.com/campsites , https://www.kleinecampingplaetze.de/ sowie https://www.charmecamping.de/kategorie/kleine-campingplaetze/ bei deiner Suche nach kleineren und ruhigeren Stellplätzen mit dem gewissen Charme. Besonders praktisch wenn du bereits unterwegs bist: Die App Park4Night (https://park4night.com/): Hier findest du vom kleinen Campingplatz und naturnahen Stellplätzen, über Parkplätze, an denen das Übernachten erlaubt ist, bis hin zu idyllischen Waldparkplätzen, an denen Camping nicht explizit verboten ist, alles, was das Herz begehrt.
Fazit:
Auch wenn das Wildcampen fast nirgends in Europa mehr ohne Einschränkungen möglich ist, so kann man mit etwas Vorbereitung und guter Planung immer noch eine tolle Zeit in der Natur genießen. Wenn man sich an die örtlichen Regelungen hält und ein wenig Rücksicht auf Land und Leute nimmt, bietet Europa dem geneigten Camper immer noch einige tolle Rückzugsorte in der freien Wildbahn.
Solltest du nach dem Lesen dieses Beitrages immer noch Schwierigkeiten bei der Auswahl deines Urlaubszieles haben, so unterstützt dich das VANTOPIA-Team vor deiner Reise natürlich gerne mit Empfehlungen und Tipps.
Aufgrund sich ständig ändernder Gesetzeslagen sind alle Tipps und Hinweise zu Gesetzen und Vorschriften ohne Gewähr.